Entwicklung von umweltschonenden Medikamenten als Hebel für ein klimafreundliches Gesundheitswesen

Der Klimawandel ist eines der drängendsten globalen Probleme unserer Zeit und hat dabei auch erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und das Gesundheitswesen. Die WHO beschreibt den Klimawandel als „die größte Bedrohung der Menschheit“[i], was die enge Verbindung zwischen Klima und Gesundheit noch einmal unterstreicht. Die Zunahme von Extremwetterereignissen, wie Hitzewellen, Stürmen und Überschwemmungen können unmittelbar und mittelbar schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen, darunter Hitzschlag, Atemwegserkrankungen, Infektionen und psychische Belastungen. Diese gesteigerte Nachfrage an medizinischer Versorgung aufgrund klimawandelbedingter Gesundheitsrisiken erfordert eine gezielte Vorbereitung und Anpassung im Gesundheitswesen.

Gleichzeitig sieht sich das Gesundheitssystem aber auch mit der Aufgabe konfrontiert, die eigenen Umweltauswirkungen zu bestimmen und zu reduzieren. Mit einem Anteil von 5,2 % der bundesweiten Emissionen an Treibhausgasen, werden in Deutschland durch den Gesundheitssektor mehr Treibhausgase emittiert als von der Luft- und Schifffahrtbranche zusammen[ii]. Treibhausgase gehören zu den wesentlichen Klimatreibern und eine Reduktion der Emissionen ist einer der größten Hebel, um eine weitere globale Erwärmung zu stoppen.

Direkte Emissions-Einsparungen stellen im Gesundheitswesen aber eine besondere Herausforderung dar, da Einsparmaßnahmen sich nicht negativ auf eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung auswirken dürfen. Ein Beispiel, wie die Ziele Aspekte Klimaschutz und Gesundheitsversorgung erfüllt werden können, zeigt sich bei der Behandlung von respiratorischen Erkrankungen wie Bronchitis, Asthma oder COPD. In diesen Fällen werden in der Regel Inhalationsgeräte verordnet, um die Beschwerden zu lindern oder zu heilen. Vielen Menschen ist dabei nicht bewusst, dass bestimmte inhalative Therapiemöglichkeiten auch einen Beitrag zur individuellen Treibhausgasbilanz haben können. So verursacht die Nutzung eines Dosieraerosols für die Inhalationstherapie (pMDI = pressurised metered dose inhalers) im Jahr mehr CO2-Emissionen als ein Kurzstreckenflug (s. Abb. 1). Potenziell klimafreundlicher wäre die Nutzung von Pulverinhalatoren (DPI = dry powder inhalers), da die jährliche Nutzung 20-30fach weniger CO2 verursacht[iii]. Leider können die DPIs nicht komplett die Nutzung von pMDIs ersetzen, da eine spezifische Handhabung und die körperliche Anforderung für die Inhalation nicht von allen Patientinnen und Patienten erfüllt werden können.

In der Frage der richtigen Therapie dürfen das Wohl der Umwelt und das Wohl der Patientinnen und Patienten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Um inhalative Präparate sowohl in einem klimafreundlichen Dosieraerosol als auch als Pulverinhalator anbieten zu können, hat unser Partner die Chiesi Group, ein forschungsorientiertes und familiengeführtes Pharmaunternehmen, sich bereits 2019 dazu entschieden 350 Millionen Euro zu investieren, um voraussichtlich bis Ende 2025 einen Druckgasinhalator (DA) mit niedriger Treibhausgasemission zu entwickeln und das aktuelle Treibmittel (HFA 134a) durch ein neues, klimafreundlicheres Treibmittel (HFA-152a) zu ersetzen. In Studien konnte bereits belegt werden, dass diese neue Formulierung eine vergleichbare Sicherheit und Verträglichkeit aufweist wie das bisher verwendete Treibmittel. Mit dem Einsatz der neuen pMDI-Generation könnte der CO2– Fußabdruck dieser Inhalatoren um bis zu 90 % reduziert werden und markiert somit einen Schritt in Richtung eines klimafreundlicheren Gesundheitswesens[iv].

 

Abbildung 1: Verschiedene Optionen zu Einsparungen von CO2[v]

 

Hohe Temperaturen und wechselnde Wetterbedingungen führen zu einer zusätzlichen Belastung für Menschen mit Atemwegs- oder Lungenerkrankungen[vi] und eine hohe Luftverschmutzung steht im Zusammenhang mit erhöhter Mortalität[vii]. Die Chiesi Group investiert daher gezielt, um die benötigten Innovationen zur Erreichung notwendiger Umweltziele zu entwickeln und gleichzeitig die Patientenbedürfnisse erfüllen zu können. Denn auch langfristig betrachtet, benötigt ein stabiler und gut behandelter Patient weniger Ressourcen. Dieser ganzheitliche Ansatz ist fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie der Chiesi Group, die sich in den Ländern, in denen dies möglich ist, als Benefit Corporation registrieren ließ und als eines der wenigen globalen Pharmaunternehmen bereits 2019 die B CorpTM-Zertifizierung erhielten.

Dabei soll die Bewältigung des Klimawandels keinen Wettbewerb darstellen und es werden alle Akteure der Branche ermutigt, gemeinsam weitere Schritte in Richtung klimaneutrales und nachhaltiges Gesundheitswesen zu gehen. Wir sind stolz darauf, solche Partner in unserem Netzwerk zu haben und freuen uns über eine mutige und lösungsorientierte Diskussion zu dem Thema. Kontaktieren Sie uns gerne bei Interesse.

 


[i] https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-and-health

[ii] https://noharm-global.org/documents/health-care-climate-footprint-report

[iii] https://www.prescqipp.info/umbraco/surface/authorisedmediasurface/index?url=%2fmedia%2f5721%2f295i-inhaler-carbon-footprint-22.pdf

[iv] https://www.chiesi.de/en/erstes-dosieraerosol-mit-reduziertem-treibhauseffekt-ist-auf-kurs-zum-wohle-der-patient*innen-und-der-umwelt-

[v] Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln, DEGAM S1-Handlungsempfehlung, AWMF-Register-Nr. 053-059

[vi] Climate change and respiratory health: a European Respiratory Society position statement

Ana Maria Vicedo-Cabrera et al., European Respiratory Journal Aug 2023, 62 (2) 2201960; DOI: 10.1183/13993003.01960-2022

[vii] https://www.eea.europa.eu/publications/environmental-burden-of-cancer/air-pollution