Das Thema digitale Gesundheitsdaten und ihre Nutzung steht aktuell wieder im Fokus der öffentlichen Diskussion, insbesondere gestärkt durch den Referentenentwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG, siehe Infobox). Das GDNG soll die Grundlage für eine verbesserte Dateninfrastruktur schaffen und die Datennutzung im Gesundheitswesen ausbauen. Dabei sollen bereits heute die Weichen für den European Health Data Space (EHDS) gestellt werden, der eine noch intensivere länderübergreifende Datenverwendung ab 2025 ermöglichen soll.
Die Umsetzung der neuen Gesetze und die steigende Nutzung von digitalen Tools wird die Verfügbarkeit von Daten und die entstehende Infrastruktur massiv verändern – ein Umfeld, an das sich Akteure im Gesundheitswesen frühzeitig anpassen müssen, um dessen Potentiale bestmöglich zu nutzen. Vorwiegend können sie dabei die Rolle des Data Providers oder des Data Users einnehmen.
Als Data Provider sind die Unternehmen zu sehen, die bereits heute Gesundheitsdaten erheben und sie potenziell weiteren Akteuren zu Verfügung stellen könnten. Neben Krankenkassen – deren Daten heute bereits häufig nutzbar sind – kann diese Gruppe beispielsweise Krankenhäuser, Medtech-Unternehmen, Startups oder auch Health-IT Unternehmen umfassen. Data Provider stellen sich dabei die Fragen: Schaffe ich mit den Daten, die mein Unternehmen generiert, für einen anderen Akteur einen Mehrwert? Wie könnte mein Datenangebot aussehen?
Data User hingegen sind Unternehmen, die aktuell einen ungedeckten Datenbedarf bspw. für ihre Forschung haben. In Deutschland betrifft dies häufig Pharma- und Software-Unternehmen (bspw. zur KI-Entwicklung). Data User stehen häufig vor der Frage: Welche Daten könnte mein Unternehmen bereits heute nutzen? Welche Datenquellen ergänzen sich sinnvoll und decken meinen Bedarf?
Die Herausforderungen – Data Provider und Data User finden nicht zueinander
Aktuell sehen wir, – auch in unserem Flying Health Ökosystem – dass die Nutzung von Gesundheitsdaten neben technischen Hürden häufig daran scheitert, dass Data User und Data Provider nicht zusammenkommen. Hierfür gibt es vier Hauptgründe, die es zu lösen gilt:
• Bei den Parteien fehlt die Übersicht über die aktuelle und zukünftige Gesundheitsdatenlandschaft: Die steigende Anzahl von Akteuren, Initiativen und Datenbanken im Gesundheitssektor macht es sowohl Data Usern als auch Data Providern schwer, sich zu orientieren. Vielen Data Usern fehlt schlechtweg die Kenntnis darüber, welche neuen, spannenden Daten es gibt und vor allem in Zukunft geben wird. Dadurch werden sich sowohl wichtige strategische Fragen nicht gestellt und Unternehmen bleiben in alten Strukturen hängen. Doch auch Data Provider müssen einen sehr guten Marktüberblick haben und verstehen mit wem ihre potenziellen Partner bisher arbeiten – nur so lässt sich gut argumentieren, warum das eigene Datenangebot einen Mehrwert bietet. Es ist also entscheidend, dass Data Provider und Data User die Gesundheitsdatenlandschaft verstehen, um effektiv zusammenzuarbeiten und den gegenseitigen Mehrwert zu erkennen.
• Die lösungsorientierte Datenkultur ist nicht ausgeprägt und es gibt viele Unsicherheiten und Aufklärungsbedarf: Insbesondere in Bezug auf Gesundheitsdaten fehlt es an einer ausgeprägten, lösungsorientierten Datenkultur – in vielen Organisationen sind generische Datenschutz- und Sicherheitsbedenken an erster Stelle. In den letzten 10 Jahren wurde die Angst vor digitalen Daten geschürt und das Potenzial ignoriert. Es fehlt eine Neugier auf neue Daten und eine Begeisterung für die Möglichkeiten, die durch Digitalisierung im Gesundheitswesen entsteht. Sowohl Data User als auch Data Provider sind oft unsicher darüber, wie Gesundheitsdaten genutzt werden können und welche Möglichkeiten für Kooperationen bestehen. Eine umfassende, lösungsorientierte Aufklärung über Datenschutz, Datensicherheit und Nutzungsmöglichkeiten ist unerlässlich, um das Vertrauen in die Datenverwendung – sowohl unternehmensintern wie auch extern – zu stärken.
• Die Sorge vor technologischen und regulatorischen Hürden bei der Datennutzung ist groß: Viele Akteure des Gesundheitswesens kämpfen aktuell noch mit der fehlenden Digitalisierung ihrer Prozesse, einheitlichen Schnittstellen und Standards. Gleichzeitig entstehen mit dem GDNG, dem Forschungsdatengesetz oder dem Registergesetz immer neue regulatorische Vorgaben, die es zu kennen und zu berücksichtigen gilt. Es ist zu beobachten, dass dies häufig Faktoren sind, die Datenkooperation lähmen oder im Keim ersticken. Daher ist es wichtig, ein gutes Wissen aufzubauen und geeignete Partner zu finden. Um Vertrauen, Sicherheit und die technischen Voraussetzungen zu gewährleisten, könnten Intermediäre wie Datentreuhänder und Datenplattformen eine wichtige Rolle spielen. Diese können als Data Enabler eine wichtige Rolle spielen.
• Es mangelt an gegenseitigem Verständnis der Bedarfe: Oftmals scheitert die Datennutzung daran, dass Data Provider die Bedürfnisse der Data User nicht ausreichend verstehen. Gleichzeitig sind auch diese häufig nicht mit einem gezielten Suchauftrag unterwegs, den es zu erfüllen gilt. Für Data Provider ist es wichtig, bereits im Vorfeld Use Cases und Lücken in der Datenlandschaft zu identifizieren, um gezielt Forschungs- und Versorgungsbedarfe mit ihrem Angebot zu adressieren. Sich in seine Partner reinzudenken und ihre Bedürfnisse zu verstehen ist essenziell. Doch genauso müssen Data User intern ihre Hausaufgaben machen und sich darüber klar werden, welche Fragestellung durch digitale Gesundheitsdaten beantwortet werden soll – hier hilft Punkt 1: wissen, was die digitale Gesundheitsdatenlandschaft zu bieten hat. Denn moderne Datenquellen eröffnen neue Potenziale und so können manche Fragestellungen endlich angegangen wurden, deren Beantwortung bis dato unverhältnismäßig aufwendig war.
Flying Health arbeitet weiterhin mit beiden Seiten eng zusammen, um diese Probleme zu adressieren und Daten nutzbar zu machen. In unseren nächsten Blogartikeln informieren wir weiter zu dieser Thematik und den beiden Parteien.