Nachgefragt mit Max Wilke – Gründer & Geschäftsführer von whatsin

Flying Health Nachgefragt – Innovationstreiber im Interview: Maximilian Wilke – Gründer & Geschäftsführer von whatsin 

In unsere Rubrik „Flying Health Nachgefragt“ sprechen wir mit Innovationstreibern aus unserem Netzwerk, um einen Einblick in ihre Unternehmen und Projekte zu erhalten. Den Auftakt macht Max Wilke, Apotheker aus Berlin und Gründer der Arzneimittel-App whatsin.

  

1. Was ist die whatsin, welche Funktionen hat die Anwendung und was zeichnet sie aus?  

 

Die whatsin-App hilft Patient:innen mit Allergien und Unverträglichkeiten bei der Suche nach geeigneten Arzneimitteln.  

Die Software ist als Medizinprodukt zugelassen und sehr nutzerfreundlich konzipiert. Sie hilft Patient:innen mit wenigen Klicks, eine qualitativ hochwertige Information über ihre Arzneimittel zu bekommen.“ 

Um ein geeignetes Medikament ohne Zusatzstoffe bzw. Allergene zu finden, durchlaufen Patient:innen vier Schritte in der whatsin-App: 

 

 

Die Besonderheit von whatsin ist die eigens aufgesetzt und zugrundeliegende Datenbank, aus der alle stoffbezogenen Verträglichkeiten hervorgehen. Diese Informationen werden für die Bewertung mit den Arzneimittelinhaltsstoffen der Gelben Liste abgeglichen. Patient:innen erhalten schnell und umfassend eine Einschätzung über die Verträglichkeit ihrer Arzneimittel (z.B. bei Medikationswechsel, Neueinstellung oder in der Selbstmedikation). 

 

2. Wie bist du auf whatsin gekommen? Was ist das eigentliche Problem, das whatsin löst?  

 

„Whatsin ist ein Produkt aus der Praxis für die Praxis. Immer mehr Patient:innen haben Fragen zu Allergien und Unverträglichkeiten gegen Medikamente. Aus der eigenen Erfahrung kann ich allerdings sagen, dass Apotheker:in oder auch Ärzt:in diese Fragen heute jedoch nicht präzise beantworten. Das Themenfeld ist zu komplex,es fehlt auch heute noch eine professionelle Softwarelösung und das Fachgebiet ist nicht Teil der pharmazeutischen oder medizinischen Ausbildung. 

 

Das war der Grund, weshalb ich 2018 die Patienten-App whatsin auf den Markt gebracht habe. Um Patient:innen die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu helfen. Und nicht zuletzt, um Nebenwirkungen zu vermeiden und die Therapietreue zu steigern.  

 

Eine aktuelle Umfrage hat übrigens gezeigt, dass 32 Prozent der Patient:innen nach einem Arztbesuch offene Fragen zu Medikamenten haben – genau hier setzt whatsin an.“ 

 

3. Wie groß ist das Problem der Arzneimittelunverträglichkeit und was sind die häufigsten Unverträglichkeiten? Welche Arzneimittel sind hauptsächlich betroffen?  

 

„In Deutschland gibt es Millionen von Menschen mit Unverträglichkeiten und Allergien. Die häufigsten sind Lactose- Fructose aber auch Histaminintoleranz. Viele dieser Stoffe aus dem Lebensmittelbereich kommen auch in Arzneimitteln zum Einsatz – werden hier aber häufig unterschätzt. Dabei muss allerdings klar sein, wenn es um Lebensmittelunverträglichkeiten geht, geht es auch um Arzneimittelunverträglichkeiten.  

 

Unzählige Arzneimittel enthalten Stoffe, die betroffene Patient:innen nicht vertragen. Eine Studie aus den USA hat gezeigt, dass rund 90 Prozent der Medikamente allergene Stoffe enthalten. Ganz egal, ob rezeptfrei- oder rezeptpflichtig – Allergiker:innen und Menschen mit Unverträglichkeiten müssen bei der Auswahl ihrer Präparate immer ganz genau hinschauen.“ 

 

4. Was denkst du, warum hat das Thema bisher nicht mehr Aufmerksamkeit in der öffentlichen Diskussion erhalten? 

 

„Im Lebensmittelbereich wird sehr viel über Unverträglichkeiten und Allergien gesprochen – der Arzneimittelbereich wird dabei allerdings wenig betrachtet.  

 

Hinzu kommt, dass es vielerorts an Wissen fehlt – bei Apotheker:innen, bei Ärzt:innen aber auch bei Patient:innen selbst. Denn vielen ist nicht bewusst, dass bereits die geringe Menge eines allergenes Stoffes bei einer betroffenen Person starke Reaktionen und Nebenwirkungen auslösen kann. Whatsin hat in diesem Bereich schon viel Aufklärungsarbeit geleistet und ist gewissermaßen der Pionier für das Thema.“ 

 

Auch bei Flying Health machen wir die Erfahrung, dass sich bisher wenige Unternehmen intensiv mit dem Thema Arzneimittelunverträglichkeiten beschäftigt und hierzu eine Strategie entwickelt haben. Dabei könnten nicht zuletzt ein so patientennahes Thema als echtes strategisches Differenzierungsmerkmal für Pharmaunternehmen, (Online-)Apotheken oder Digital-Health-Anbieter dienen. Einzelne Vorreiter aus den USA haben außerdem das Trendthema Clean Meds bereits aufgegriffen – die Produktion von Arzneimitteln ohne Zusatzstoffe, die bspw. Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen könnten.  

 

5. Sehen wir in anderen Ländern bessere Initiativen/ eine bessere Herangehensweise an das Thema Arzneimittelunverträglichkeiten? 

 

„whatsin ist nach meiner Kenntnis die einzige Software ihrer Art – weltweit. Das ist kurios, denn Unverträglichkeiten und Allergien machen ja nicht an Landesgrenzen halt. Die Prävalenz ist in allen westlichen Ländern der Welt ähnlich hoch und die Zahl der Unverträglichkeiten und Allergien steigt – und damit vergrößert sich der Markt.  

 

whatsin ist der Schlüssel zu diesem Markt. Die Software bietet einen Zugang zu Millionen von Patient:innen – theoretisch weltweit. Bei den Nutzer:innen von whatsin sehen wir diesen Trend bereits, denn schon heute erhalten wir viele Anfragen aus Österreich und der Schweiz, obwohl unsere Daten bislang vorrangig auf den deutschen Markt ausgerichtet sind.“ 

 

6. Aktuell entwickelt sich bei whatsin vieles, was sind wichtige Meilensteine, die bevorstehen?  

 

„Aktuell läuft eine klinische Studie an zwei Hochschulen in Süddeutschland. Hier soll untersucht werden, wie weit whatsin die Lebensqualität und die Gesundheitskompetenz von Betroffenen verbessern kann. Im Idealfall können wir die Ergebnisse nutzen, um mit Krankenkassen über eine Erstattungsfähigkeit der App zu sprechen.  

 

Ein weiterer wichtiger Schritt ist für uns zudem die Internationalisierung. Wir planen gerade einen Piloten in den USA, um das Thema dort zu testen. Gerade in diesem Markt sehen wir, dass das Bewusstsein rund um Allergien, Unverträglichkeiten und Clean Meds bereits deutlich weiter ist.“ 

 

7. Was ist deine Vision zu whatsin? Welche Funktionen/ Patientengruppen planst du? 

 

„whatsin ist einer der Vorreiter bei der digitalen Arzneimittelinformation. Wir schlauen die Patient:innen auf, versorgen sie mit hochwertigen, gut recherchierten Informationen. Das kann Google nicht leisten, aber vielfach stoßen auch Ärzt:innen und Apotheker:innen an ihre Grenzen. Deshalb ist whatsin so wertvoll für Patient:innen und Betroffene.  

 

Unverträglichkeiten und Allergien sind aber nur die erste Zündstufe unserer Software. In den Arzneimitteldaten, die wir nutzen, steckt noch vieles mehr. Wir haben zum Beispiel einen Datensatz zum Einfluss von Arzneimitteln auf die Fahrtüchtigkeit entwickelt. Hierbei ist spannend zu wissen, dass drei Prozent aller Unfälle durch die Einnahme von Medikamenten verursacht werden. Zudem haben wir ein Konzept entwickelt, um mithilfe einer Foto-KI die Einnahmetreue von Patient:innen zu verbessern. Man sieht: Es steckt vieles drin in dieser Software, jetzt braucht es den richtigen Partner für die Umsetzung und Skalierung.“